Die Elektro-Tankstelle und Auflademöglichkeiten für Hybrid- und Elektro-PKWs in Wohnanlagen

Der Diesel-Skandal in Deutschland hat zumindest eine Auswirkung: Die Nachfrage nach Hybrid- und Elektrofahrzeugen steigt, unsere Autobauer dürften dies mit einen Blick in ihre Bücher bestätigen. Doch jeder Käufer eines elektronisch betriebenen Autos muss sich die Frage stellen, wo er sein zukünftiges Fahrzeug „auftanken“ möchte. Da es dafür meist keine Vorrichtungen in den Wohnanlagen gibt, landet diese Frage dann oft beim Verwalter. 

Eins vorweg: Elektrofahrzeuge sind sicher eine sehr gute Anschaffung, über deren Sinnhaftigkeit und Nutzen keine Diskussion geführt werden muss. Trotzdem können die Verwalter hier nicht weiterhelfen, dafür gibt es viele Gründe: 

 

Zunächst hat man eine Wohnung und einen Stellplatz ohne Elektroanschluss gekauft oder gemietet. Das heißt, ein Anspruch auf Einbau eines Elektroanschlusses besteht grundsätzlich nicht, auch wenn das gesellschaftspolitisch so gewünscht ist. 

Jetzt könnte man darüber nachdenken, ob man nicht auf eigene Kosten einen Anschluss legen möchte. Und hier liegen die nächsten Probleme: An Stellplätzen und Garagen haben die meisten Eigentümer einer Wohnung lediglich Nutzungsrechte am Gemeinschaftseigentum der Tiefgarage, der Stellplätze oder der Garagen. Sie können nicht einfach Kabel verlegen – auch nicht überirdisch. Denn dabei könnte es sich um eine bauliche Veränderung handeln, für die man einen allstimmigen Beschluss aller Eigentümer benötigt – Einstimmigkeit ist nicht ausreichend (§ 22 WEG). Als Mieter hat man ganz schlechte Karten, denn Mieter können erst recht nicht auf eigene Kosten und ohne Zustimmung des Eigentümers Anschlüsse verlegen. Das geben schon die meisten Mietverträge nicht her, bei Stellplätzen, die ja außerhalb der Wohnung im Außenbereich, in Garagen und in Tiefgaragen liegen, ist das fast undenkbar. 

Aber selbst, wenn es einem Mieter oder Eigentümer gelänge, diese Hürden zu nehmen, ist sein Vorhaben der eigenen Lademöglichkeit für sein elektronisch betriebenes Fahrzeug nicht in trockenen Tüchern. Die unterschiedlichen PKW-Modelle benötigen unterschiedlich starke Elektroleitungsleistungen – die meisten Hausanschlüsse können den benötigten Strom nicht liefern, ohne die gesamte Anlage zu gefährden. Dies gilt insbesondere dann, wenn es mehrere dieser Fahrzeuge in Wohnanlagen gibt und diese zeitgleich über Nacht aufgeladen werden, was ja realistisch ist, wenn man daran denkt, dass zukünftig viele Menschen auf elektronisch betriebene PKW umsteigen. – Welcher Eigentümer oder welche WEG ist bereit, dieses Risiko in Kauf zu nehmen, weil ein Mieter oder Eigentümer den Wunsch nach einem Elektro-Auto realisieren möchte?

Doch nehmen wir an, solche WEGs oder Miethauseigentümer gibt es: Dann bleibt immer noch die Frage offen, wie man den unterschiedlichen Stromverbrauch der Fahrzeuge messen möchte. Das geht nur über jeweils eigene Stromzähler pro Stellplatz – so wie die Wasserzähler an Waschmaschinen. Und was macht man, wenn der Mieter oder Eigentümer sein Hybrid-Fahrzeug, das nur einen normalen Hausanschluss zum Aufladen seiner Batterie benötigt, nach drei Jahren gegen einen PS-starken Sport-Elektrowagen tauscht, der einen Starkstromladeanschluss oder eine ganze Aufladestation (Wallbox) benötigt? 

Mieter oder Eigentümer, die gerne ein Elektro-Auto kaufen möchten, sind meist enttäuscht, wenn wir ihnen nicht weiterhelfen können und argumentieren mit der Fortschrittlichkeit der skandinavischen Staaten oder der Niederländer. Doch hier werden – unserer Meinung nach – Äpfel mit Birnen verglichen: 

Die skandinavischen Staaten sind weitaus dünner besiedelt, dort wohnt man eher in freistehenden Einfamilienhäusern mit eigenen Carports oder Garagen, die den Bewohnern auch gehören. Am eigenen Eigentum kann man hier wie dort Veränderungen vornehmen und Lademöglichkeiten je nach Gusto einbauen.

Das geht in städtischen, dichtbesiedelten Gegenden mit vielen Wohnanlagen nicht so einfach. Deshalb fahren die Niederländer in Amsterdam folgendes Modell: Es ist nicht vorgeschrieben, dass für jede Wohnung Parkplätze vorgesehen sind, denn Wohnen steht für die Niederländer nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Recht auf ein Auto und einen Parkplatz. Außerdem möchte die Stadt bis 2040 nur noch Elektrofahrzeuge im Stadtgebiet zulassen, um „grünste Stadt Europas“ zu werden. Der Umstieg auf das Elektromobil ist die Angelegenheit des Staates und der Gemeinden und nicht der Hauseigentümer. Deshalb wurden mehr als 4.000 Ladestationen in den öffentlichen Bereich gestellt, Anwohner bekommen für ihre Elektrofahrzeuge eher einen Anwohnerparkausweis als Besitzer eines herkömmlichen Pkw und wer sich ein E-Fahrzeug kaufen möchte und feststellt, dass in seiner Nachbarschaft noch keine Ladestation vorhanden ist, informiert die Stadt und bei Bedarf wird für eine neue öffentliche Lademöglichkeit gesorgt. Weiterhin fördert die Stadt den Bau privater Parkhäuser mit zu vermietenden Stellplätzen im Randgebiet. Die Betreiber der Parkhäuser sind verpflichtet, Ladestationen in ausreichender Zahl anzubieten.

Somit sehen die Amsterdamer nicht die Eigentümer von Wohneigentum in der Pflicht, jedem Bewohner einer Wohnung seinen Wunsch nach einem Elektrofahrzeug zu ermöglichen. Sie meinen, dass es am besten sei, kein Auto in der Innenstadt zu haben. Aber wenn man es besitzen möchte oder muss, dann sollte es ein Elektrofahrzeug sein, das im öffentlichen Straßenbereich geparkt wird. Und die Stadt, nicht der Eigentümer von Wohnraum, sorgt dafür, dass das funktioniert.

Es wird deutlich: Die Umstellung auf Elektromobilität mag sinnvoll und gut sein. Eine Lösung, wie man diese Umstellung innerhalb eines Mehrparteien-Wohnhauses mit Stellplätzen problemlos realisieren kann, haben wir als Verwalter in Deutschland jedoch noch nicht gefunden.