Deutschland ist prozentual gesehen das Land in der EU mit den meisten Mietern: Über 54 Prozent der Deutschen wohnen zur Miete, schreibt die Deutsche Handwerkszeitung in ihrer Online-Ausgabe vom 15. Mai 2019. So verwundert es nicht, wenn die Öffentlichkeit und die Politik einen verschärften Blick auf die Situation am Mietmarkt werfen.
Der Mietmarkt gilt in den attraktiven Ballungsgebieten als heiß gelaufen – ob er wirklich schon überhitzt ist, können wir hier nicht beantworten. Insbesondere bei Neuvermietungen ziehen die Mieten aber deutlich an. – Wir verwalten Mietimmobilien im Rhein-Main-Gebiet, Mietpreise in Neubauten in attraktiven Lagen werden hier oft für mehr als 17,- € / qm vermietet. Nettokaltmiete, versteht sich.
Die Antwort der Politik heißt Mietpreisbremse. Seit dem 01. Juni 2015 gilt, dass bei Wiedervermietung in angespannten Wohnlagen der neue Mietzins höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Doch diese Regelung ist auslegungsbedürftig und deshalb auch entsprechend unscharf.
Zunächst sollte man als Vermieter klären, ob man in einer angespannten Wohnlage vermietet. Welche Wohnlagen dazugehören, bestimmen die Bundesländer. In Hessen hilft folgendes Dokument, S. 42 weiter: https://umwelt.hessen.de/sites/default/files/media/hmuelv/gutachten_neuvertragsmietbremse.pdf. Die rot gefärbten Städte und Kreise auf der Hessenkarte gelten pauschal als angespannte Wohnlagen, folglich fällt das gesamte Rhein-Main-Gebiet darunter.
Wenn der Vermieter die angespannte Wohnlage bejaht hat, sollte er als zweites prüfen, ob es einen einfachen oder qualifizierten Mietspiegel für die jeweilige Stadt oder Gemeinde gibt, denn nur so kann die Höhe der Vergleichsmiete sicher bestimmt werden. In den größeren Städten, z.B. Offenbach und Frankfurt, gibt es Mietspiegel, in den kleineren Orten z. B. im Taunus, wird man nicht fündig. Hier hilft nur die eigene Erfahrung und wenn man drei vergleichbare Wohnungen vorweisen kann, die zu vergleichbaren Mieten vermietet werden wie die erhoffte Neuvermietung.
Sobald man festgestellt hat, dass man bei der geplanten Neuvermietung in angespannter Wohnlage nicht mehr als 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen würde, kann man die Wohnung auf dem Markt anbieten. – Doch keine Regelung ist ohne Ausnahmen und die Ausnahmen sind im Falle der Mietpreisbremse die Vermietung in einem Neubau, nach umfassender Modernisierung oder der Bestandsschutz des Vermieters, wenn der Vormieter schon eine außergewöhnlich hohe Miete gezahlt hat. Sie fragen sich nun sicher, wann eine Modernisierung als umfassend gilt. Hierzu gibt es sehr genaue Vorstellungen. Sobald die Modernisierung mehr als ein Drittel des Wertes der Immobilie gekostet hat, gilt sie als umfassend. Diese Ausnahmen sollen verhindern, dass Vermieter von notwendigen Modernisierungen und der Schaffung neuen Wohnraums absehen.
Zum 1. Januar 2019 wurde die Mietpreisbremse weiter verschärft. Wer heute neu vermietet muss außerdem unaufgefordert und schriftlich offenlegen, wieviel Miete der Vormieter gezahlt hat, wenn es sich um eine Neuvermietung in einer angespannten Wohnlage handelt und wenn die neue Miete über den zehn Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Sollte der Vormieter eine vergleichbare Miete gezahlt haben, gilt auch hier der Bestandschutz. Weitere Ausnahmen sind aber auch hier die Vermietung in einem Neubau oder eine Vermietung nach umfassender Modernisierung.
Sollte eine der Ausnahmen vorliegen, so muss der Vermieter schriftlich begründen, ob er von einer der Ausnahmen Gebrauch macht, von welcher der Ausnahmen er Gebrauch macht und warum er davon Gebrauch macht. Unterlässt der Vermieter den Nachweis, dass eine Ausnahme vorliegt, bzw. legt er keinen Nachweis vor, dass der Vormieter-Mietzins vergleichbar war, so hat der Mieter das Recht, die Rechtsverletzung ohne weitere Begründung zu rügen. Es reicht der Satz: Ich rüge die Verletzung der Mietpreisbremse.
Und weitere Verschärfungen sind geplant. Es existieren wohl Referenten-Gesetzesentwürfe im Justizministerium, in denen geplant ist, dass der Mieter die aufgrund Verletzung der Mietpreisbremse auch in der Vergangenheit zuviel gezahlte Miete vom Vermieter mit seiner Rüge zurückfordern kann. Bisher gilt, dass der Vermieter ab dem Zeitpunkt der Rüge die Miete der ortsüblichen Vergleichsmiete anpassen muss – bisher gibt es noch keine Rückwirkung.
Wenn uns nun ein Mieter fragt, was wir von der Mietpreisbremse und deren Verschärfungen halten, dann wird es schwierig zu antworten. Denn die Konsequenz ist für uns, dass wir den Eigentümern, unseren Kunden, raten werden, umfassende Modernisierungen durchzuführen, die eine Begründung für eine Neuvermietung über den zehn Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete rechtfertigen. Warum? Naja, die Modernisierungskosten - auch die nicht-umfassenden - sind mittlerweile so hoch, dass man diese Kosten nicht mehr durch eine Neuvermietung zur ortsüblichen Vergleichsmiete abdecken kann. Zumindest den vermietenden Privatleuten fällt eine kostendeckende Modernisierung schwer. Wir reden nicht von gewinnbringender Modernisierung! Folglich bedeutet das aber auch: Die dringend benötigten Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten im Bestand werden nicht mehr durchgeführt, der Wohnraum im mittleren oder niedrigen Wohnsegment nimmt ab, das durch-modernisierte, aber unerschwingliche Preissegment nimmt zu. Miete in angemessenem Umfeld wird zu einem Luxus, den sich nur noch die leisten können, die aus wirtschaftlichen Überlegungen lieber mieten als kaufen….