Nach § 12 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) kann als Inhalt des Sondereigentums in der Gemeinschaftsordnung (GO) vereinbart werden, dass die Veräußerung von Sondereigentum der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf. Häufig ist dies der Verwalter. Er ist dann zur eigenständigen Prüfung verpflichtet, ob er die Zustimmung erteilt oder ablehnt. Teilweise delegiert der Verwalter diese Frage an die Eigentümerversammlung. Wird die Zustimmung verweigert, droht eine Klage des Verkäufers auf Zustimmung, denn ohne Zustimmung sind sowohl der schuldrechtliche Kaufvertrag als auch die dingliche Eigentumsübertragung schwebend unwirksam. Fraglich ist, wer letztlich die Prozesskosten einer erfolgreichen Zustimmungsklage zu tragen hat.
Mit Urteil vom 18. Oktober 2019 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 188/18 billigt der Bundesgerichtshof (BGH) dem zur Zustimmung verurteilten Verwalter einen Aufwendungsersatzanspruch zu. Den Anspruch stützt der BGH auf eine Regelung im Verwaltervertrag. Verwalter sollten daher ihre Vertragsmuster daraufhin prüfen, dass eine entsprechende Regelung vereinbart wird.
Der Fall
Der Beklagte war Verwalter der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese verklagt ihn auf Schadensersatz in Höhe von 13.617,91 Euro. Es handelt sich um Prozesskosten, die der Beklagte in einem Vorprozess verursacht hatte und die er sich aus dem Verwaltungsvermögen erstattet hatte. Der Vorprozess betraf Zustimmungsklagen von drei Wohnungseigentümern, zu deren Wohnungsveräußerungen der Beklagte die Zustimmung verweigert hatte. Er war im Vorprozess antragsgemäß zur Zustimmung verurteilt worden. Die Kosten der Verfahren wurden ihm auferlegt.
Das Amtsgericht Pinneberg hat der auf Rückzahlung der entnommenen Prozesskosten gerichteten Klage der Wohnungseigentümergemeinschaft stattgegeben. Die Berufung des Beklagten vor dem Landgericht Itzehoe hatte keinen Erfolg. Mit seiner Einwendung, die Wohnungseigentümer hätten in einer von ihm einberufenen Eigentümerversammlung den Antrag auf Erteilung der Zustimmung per Beschluss abgelehnt, drang der Beklagte nicht durch. Denn darin habe in keinem Falle eine Kostenübernahmeerklärung der Gemeinschaft gelegen. Die Revision ließ das Landgericht Itzehoe nicht zu. Der Beklagte setzte sich hiermit erfolgreich mit einer Nichtzulassungsbeschwerde zur Wehr. Der BGH verwies den Fall zurück an das Berufungsgericht.
Die Entscheidung
Der BGH widerspricht der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts und führt aus, dass sich ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin mit den bisher getroffenen Feststellungen nicht bejahen ließe. Die Entnahme der Prozesskosten aus der Gemeinschaftskasse stelle keine Pflichtverletzung des Beklagten dar. Ein Verwalter, der laut GO zur Zustimmung zum Verkauf bzw. – wenn in der Person des Erwerbers ein wichtiger Grund gegeben sei, zur Zustimmungsverweigerung berufen sei, agiere insoweit nicht aus eigener Amtsbefugnis, sondern als Treuhänder und mittelbarer Stellvertreter der übrigen Wohnungseigentümer. Darum müsse er die Kosten eines Rechtsstreits nicht selber tragen, sondern könne Aufwendungsersatz aus Geschäftsbesorgung (§§ 675 Abs. 1, 670 BGB) beanspruchen. Zu solchen Aufwendungen gehörten auch Prozesskosten einer Streitigkeit nach § 43 Nr. 3 WEG. Der BGH hält zudem fest, dass der Beklagte die Verfahrenskosten als Aufwendungsersatz direkt aus dem Verwaltungsvermögen der WEG entnehmen durfte. Dies gelte jedenfalls dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – der Verwaltervertrag eine entsprechende Ermächtigung vorsehe.
Eine zum Schadensersatz verpflichtende schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten sieht der BGH auch nicht darin, dass er die gegen ihn geführten Zustimmungsprozesse verloren habe. Die Prozessniederlagen könnten nicht per se als mutwillige Verhaltensweise qualifiziert werden. Vielmehr komme es auf die besonderen Umstände des Sachverhalts an, die das Berufungsgericht bisher noch nicht aufgeklärt habe. Auch in diesem Zusammenhang müsse – so der BGH – das Berufungsgericht berücksichtigen, dass der Verwalter nicht im eigenen Interesse, sondern im Interesse der anderen Wohnungseigentümer tätig geworden und ihm daher haftungsrechtlich ein großzügiger Beurteilungsmaßstab zuzubilligen sei. An das Vorliegen einer schuldhaft pflichtwidrigen Zustimmungsversagung seien daher hohe (strenge) Anforderungen zu stellen. Nicht ausreichend sei, dass die Beurteilung des Sachverhalts, ob nämlich in der Person des Erwerbers ein wichtiger Grund vorlag, zweifelhaft ist und sowohl für die Erteilung als auch für die Versagung der Zustimmung Argumente zu finden seien. Die Grenzen des dem Verwalter eröffneten Beurteilungsspielraums seien erst dann überschritten, wenn seine Entscheidung offensichtlich unvertretbar und nicht nachvollziehbar sei. Habe sich der Verwalter sein Urteil auf der Grundlage aller maßgeblichen Tatsachen sorgfältig gebildet, könne ihm kein Vorwurf gemacht werden, selbst wenn ein mit der Sache später befasstes Gericht einen wichtigen Grund zur Verweigerung der Zustimmung verneint.
Am Rande führt der BGH aus, dass der Verwalter nicht verpflichtet sei, eine Weisung der Wohnungseigentümer darüber einzuholen, ob er die Zustimmung erteilen oder versagen soll. Gleichwohl stehe dem Verwalter eine solche Befugnis zur Delegation der Angelegenheit in die Eigentümerversammlung zu. Allerdings sei der Verwalter dann zugleich dazu verpflichtet, die Eigentümer hinreichend über den Sachverhalt sowie die tatsächlichen und rechtlichen Zweifelsfragen aufzuklären, damit diese in die Lage versetzt seien, das Risiko, welches sie mit der Zustimmung oder mit deren Versagung eingehen, zutreffend abzuschätzen. Hierzu habe das Berufungsgericht nunmehr Gelegenheit zu weiteren Feststellungen. Dabei müsse es auch der Behauptung des Beklagten nachgehen, die Eigentümerversammlung habe seinerzeit die Zustimmung per Beschluss verweigert.
BGH, Urteil vom 18. Oktober 2019, Az. V ZR 188/18