Mit dem Thema „Eigentümerversammlungen in Pandemiezeiten“ hatten wir uns schon im Mai 2021 beschäftigt. Damals ging es um die Frage: Kann man eine Eigentümerversammlung trotz der unsicheren Rechtslage, bedingt durch die Corona-Vorschriften durchführen, und wenn ja, wie geht das?
Wir waren und sind der Meinung, dass man Versammlungen durchführen konnte, kann und auch durchführen sollte. Im Zweifel muss man ein paar Kniffe anwenden, die Versammlung möglichst in die warme Jahreszeit mit geringen Inzidenzzahlen legen und auf das Verständnis der Eigentümer hoffen. Aber gemeinsam bekommt man eine Eigentümerversammlung auch in diesen ungewöhnlichen Zeiten ohne rechtliche Bedenken hin.
Einige Verwalter-Kollegen sehen das jedoch anders. Sie erstellten zwar im Frühjahr 2021 die Abrechnungen 2020 und verteilten diese, doch von der Durchführung von Eigentümerversammlungen sahen sie ab. Die Gründe dafür sind wahrscheinlich vielfältig: Sicherheit für die eigenen Mitarbeiter; keine Eigentümerversammlungen während der Schulferien; Sicherheitsbedenken der Teilnehmer; geschlossene Veranstaltungssäle; ungeklärte Rechtslage; sich wöchentlich ändernde Vorschriften und so weiter.
Wenn jedoch eine Eigentümerversammlung nicht stattfindet, der Verwaltervertrag eigentlich endet und die WEG den Verwaltervertrag nicht verlängern möchte, was gilt dann? In der letzten Sitzung der abgelaufenen Legislaturperiode hat der Bundestag beschlossen, dass die Verwalterbestellung und die Verwalterverträge sich verlängern, wenn corona-bedingt keine Versammlungen stattfinden können. Die Höchstfristen der Bestellung aus § 26 Absatz 2 WEG wurden so außer Kraft gesetzt und zwar zum 31.08.2022. Das heißt, der einmal bestellte Verwalter kann weiterhin für eine WEG tätig bleiben, wenn er keine Eigentümerversammlung einberuft und zwar zunächst bis zum 31.08.2022.
Sollte die WEG wirklich unzufrieden mit dem Verwalter sein und gerne einen anderen Verwalter bestellen wollen, so ist das eine sehr unschöne Situation. Noch unangenehmer ist es allerdings, wenn eine WEG verwalterlos ist.
Heißt das, dass die WEG einen ungeliebten Verwalter akzeptieren muss, zumindest bis zum 31.08.2022? Gibt es keinen anderen Weg, sich von dem Verwalter zu trennen? Gemäß § 24 Abs. 3 WEG können entweder der Vorsitzende des Beirats, der Gesamt-Beirat – wenn es keinen Vorsitzenden gibt – oder, wenn es überhaupt keinen Beirat gibt, ein per Beschluss ermächtigter Eigentümer eine Eigentümerversammlung einberufen, auf der man den Verwalter dann abberufen könnte. Allerdings gilt das nur, wenn der Verwalter sich pflichtwidrig weigert, eine Eigentümerversammlung einzuberufen. – Da der Gesetzgeber aufgrund der Corona-Situation und der sich stetig ändernden Regelungen eine Verlängerung der Verwalter-Verträge und -Bestellungen bis zum Ende des zweiten Jahresdrittels 2022 als notwendig erachtet und es den Verwaltern per Gesetz ermöglicht, auf die Einberufung von Eigentümerversammlungen zu verzichten, wird man einem Verwalter wohl nicht pflichtwidriges Verhalten vorwerfen können, wenn er 2021 keine Eigentümerversammlung einberufen hat und weiter in „Amt und Würden“ bleibt.
Trotzdem müssen wir gestehen, dass wir uns in diesem Herbst auf einigen mit ihrem aktuellen Verwalter unzufriedenen WEG-Versammlungen als neue Verwalter-Kandidaten vorgestellt hatten, die von Beiräten einberufen wurden. Wir gehen davon aus, dass die WEGs sich entweder mit den Verwaltern über ein Ende ihrer Tätigkeiten geeinigt haben, denn auch Verwalter haben keinen Ehrgeiz für WEGs zu arbeiten, wenn das Vertrauen fehlt.
Oder die WEGs gehen einmal das Risiko ein, dass sie für einen bestimmten Zeitraum zwei Verwaltervergütungen zu zahlen haben, weil sie den bisherigen Verwalter abberufen und sein Vertrag erst mit einer Frist von längstens sechs Monaten gekündigt werden kann (§ 26 Abs. 3 WEG) und schon ein neuer Verwalter berufen wird.
Und die WEGs gehen ein zweites Risiko ein: Sollte ein einziger Eigentümer der WEG den bisherigen Verwalter weiterhin beschäftigen wollen, so kann er die Beschlüsse zur Abberufung, Vertragskündigung und Neubestellung anfechten oder die Rechtswidrigkeit der Durchführung der Eigentümerversammlung feststellen lassen. Das Argument für diese Klage dürfte sich aus der Verlängerung der Corona-Sonderregelungen ergeben: Wenn der Verwalter rechtmäßig gehandelt hat, indem er auf die Einberufung einer Eigentümerversammlung verzichtet hat, dann kann es nicht rechtmäßig sein, wenn der Beirat zur Versammlung einberuft und somit die gesetzlichen Vorschriften zu umgehen versucht.
Jetzt fragen Sie sich vielleicht, warum wir uns trotz dieser Risiken auf den Versammlungen vorstellen. Die Antworten dazu sind simpel: Wir müssen annehmen, dass die einberufenden Beiräte sich erstens mit den aktuellen Verwaltungen auf eine Beendigung der Beziehung geeinigt haben und zweitens, dass die Beiräte die jeweils geltenden Corona-Vorschriften genauso umsichtig einhalten, wie wir das tun würden. Wie schon gesagt, es gibt Wege, wie man auch jetzt, unter Beachtung von 2-G oder 2-G-plus und unter Beachtung der Datenschutzvorschriften, Eigentümerversammlungen rechtssicher durchführen kann.
Das Risiko, dass unser Bestellungs- und /oder Vertragsabschlussbeschluss vor Gericht angefochten oder als rechtswidrig erklärt wird, besteht zwar. Aber der Vertrag zwischen uns und der WEG ist davon unbenommen, die WEG bleibt uns gegenüber aus dem Vertrag verpflichtet, der Vertragsabschluss-Beschluss gilt nur im Innenverhältnis der WEG. – Und wenn wir mal ehrlich sind – zumindest im Rhein-Main-Gebiet – dauert es in Corona-Zeiten lange, bis ein Urteil gefällt ist, der 31.08.2022 dürfte dann schon Geschichte sein. Sollte die WEG bis dahin mit unserer Arbeit zufrieden sein, wird sie uns sicher nicht loswerden wollen, sondern dieses Mal rechtmäßig wiederbestellen. – Wir werden uns große Mühe mit unseren neuen Verwaltungen geben und drücken die Daumen, dass wir alle gut durch diese Krise kommen.