Das heutige Thema scheint auf den ersten Blick nicht der Burner zu sein. Doch Obacht: Einem WEG-Verwalter stellt sich die Frage nach der Haftung des Sondereigentümers gegenüber der GdWE für das Verhalten des Sondereigentum-Mieters – und dessen Freunden und Besuchern – immer wieder und das aufgrund von völlig unvorhersehbaren Situationen.
Sie glauben uns nicht? Hier kommen fünf Beispiele aus dem Verwalter-Leben*:
1. Wen soll der Verwalter z.B. abmahnen, wenn ein Sondereigentums-Mieter auf einen unter seinem Balkon parkenden Pkw eines Wohnungseigentümers uriniert?
2. Oder wer hat gegen wen Ansprüche, wenn der Fenstersprung-Suizid eines Sondereigentum-Mieters zu Schäden an der Luxus-Balkon-Garnitur des darunter wohnenden Sondereigentümers führt?
3. Was soll der Verwalter machen, wenn ein DG-Wohnungsmieter einen Wasserschaden an seiner Küchenarmatur nicht meldet und das Wasser monatelang an der Wand entlang in die Küche der darunterliegenden Wohnung lief, so dass die Wandschränke des dort lebenden Mieters aufgeweicht und deformiert sind?
4. Wer zahlt die Kosten für die Verzögerung am Bau, wenn ein Sondereigentumsmieter die Bauaufsicht alarmiert, diese den Bau eine Zeitlang stilllegt, um anschließend festzustellen, dass der Bau doch ordnungsgemäß durchgeführt wird?
5. Und wer kommt für eine von der Polizei eingetretene Wohnungstür auf, wenn die Polizei in dem vermieteten Sondereigentum Gefahr für Leib und Leben vermutet?
Wir haben hier fünf verschiedene Fälle, bei denen
1. ein Sondereigentumsmieter entweder gegen die Hausordnung verstößt („Pipi auf dem Pkw“)
2. oder ein Sondereigentumsmieter sterbend das Mobiliar eines anderen Sondereigentümers zerstört (Fall „Fenstersprung-Suizid“)
3. oder ein Sondereigentumsmieter das Eigentum eines anderen Sondereigentumsmieters und das Gemeinschaftseigentum beschädigt (Fall „defekte Küchenarmatur“)
4. das Verhalten der Sondereigentumsmieter zu Folgekosten bei der GdWE führt (Fall: „Baustillstand“)
5. oder Dritte aus Nothilfegründen Gemeinschaftseigentum zerstören, weil Gefahr für Leib und Leben im vermieteten Sondereigentum vermutet wird (Fall „Polizei tritt Wohnungstür ein“).
Der Verwalter muss nun entscheiden, gegen wen er im Namen der GdWE eine Abmahnung mit allen Konsequenzen ausspricht bzw. von wem er im Namen der GdWE Schadenersatz fordert, bzw. welche Schäden er beheben lässt und von welchem Konto er die Schadensbehebungsrechnungen bezahlt.
Sie können sich vorstellen, dass es sich in all den genannten Fällen um hochemotionale Fälle handelt, bei denen der Verwalter tief in die Materie eintauchen könnte. So könnte er sich z.B. die Frage stellen, wer die Erben des Selbstmörders sind, wo man sie findet und ob diese überhaupt willig und in der Lage sind in Zeiten ihrer Trauer die teure Balkon-Ausstattung zu bezahlen. Der Verwalter könnte auch mit der Polizei diskutieren, ob deren gewaltsames Eindringen in die Wohnung ohne Zerstörung der Eingangstür hätte durchgeführt werden können, z.B. durch den geschickten Einsatz anderer Hilfsmittel am Schloss. Wir hätten uns auch mit einem argumentativ starken Mieter über die Notwendigkeit der Unterrichtung der Bauaufsicht und deren Bauaufsichtsmaßnahme auseinandersetzen können.
Die Leser, die uns persönlich kennen, wissen, dass wir nicht so gut im Handling hochemotionaler Themen sind. Schon allein aus diesem Grund werfen wir bei Bedarf einen Blick ins Gesetz – und werden bei § 14 Abs. 1 WEG (Pflichten des Wohnungseigentümers) fündig:
§ 14 Abs. 1 WEG sagt – verkürzt zusammengefasst: Der Sondereigentümer hat gegenüber der GdWE die Gesetze, Vereinbarungen und Beschlüsse einzuhalten.
Und er kann sich auch nicht der Verpflichtung entziehen, indem er sein Sondereigentum an jemanden vermietet, der sich nicht an Beschlüsse, Vereinbarungen und Gesetze gebunden sieht. Andersherum gefragt: Warum sollte die GdWE sich von einem Sondereigentümer einen Schuldner vor die Nase setzen lassen müssen, den sie nie wollte, den sie nicht kennt, dessen Verhalten und Solvenz nicht einschätzbar sind?
Deshalb mahnen wir auch immer den Sondereigentümer ab, wenn sein Mieter gegen die Hausordnung verstößt. Dem Sondereigentümer kann man ggf. mit Entzug des Eigentums (gem. § 17 WEG) drohen und dieses auch entziehen lassen. Gegenüber dem Mieter hat die GdWE keine so starke Stellung.
Wir holen uns auch den Kostenersatz vom vermietenden Sondereigentümer wieder, wenn das Verhalten seines Mieters zu einem Schaden am Gemeinschaftseigentum geführt hat oder die GdWE zunächst gegenüber einem anderen Sondereigentümer verpflichtet ist, den vom Sondereigentum-Mieter verursachten Schaden zu beheben. Denn der Sondereigentümer ist zumindest in Höhe des Sondereigentumswerts immer solvent. Sollte der Sondereigentümer nicht bereit oder in der Lage sein, den Schaden zu begleichen, dann kann die GdWE ins Sondereigentum vollstrecken lassen, d.h. es droht die Zwangsversteigerung des Sondereigentums. Auch in diesem Fall hat die GdWE eine starke Position gegenüber dem Sondereigentümer und eine schwache gegenüber dem schädigenden Sondereigentum-Mieter.
Wenn Ihnen jetzt als vermietender Sondereigentümer Angst und Bange wird, können wir Sie beruhigen. Das muss es nicht. Bitte achten Sie nur bei der Mieterauswahl darauf, dass Sie Ihr Sondereigentum an Menschen vermieten, die Sie selbst gerne als unmittelbare Nachbarn hätten. Und bitte zögern Sie in Ihrem eigenen Interesse nicht, Ihre Mieter abzumahnen oder in Regress zu nehmen, falls diese sich nicht wie nette Nachbarn verhalten. Das Mietverhältnis ist im Zweifel kürzer als Ihr Verhältnis zu den anderen Sondereigentümern und der GdWE.
*PS: Wir könnten die Liste noch verlängern, z.B. aber nicht abschließend um die Fälle „Urlaubsmitbringsel Kakerlake“, „Bachelor-Partys in der airbnb-Wohnung“, „Paketklau im Treppenhaus“, „wohnliches Ausschmücken der Fluchtwege“ oder „Hobbyraum Heizungskeller“.